STADTGEFLÜSTER

 

Getuschel. Im ganzen Haus. Ich halt´ das nicht aus!
Geflüster. Rund um die Uhr. Lasst mich in Ruhe!
Und gleich ist´s auch schon wieder kurz nach neun und dann stehe ich auch schon auf´m Balkon und seh´ sie schon.
Von der Kreuzbaumgasse bis zum Tannenwald sind´s knapp siebzig Meter ohne Aufenthalt - und der Bordstein brennt!
Ihre Schritte hallen, ja ich kenne diesen Gang und die ganze Welt hält den Atem an - von Mekka bis Rom, über Istanbul bis nach Tokyo.
Ihre Welt ist verborgen, fantastisch und klein, täglich siebzig Meter kann ich bei ihr sein - und das ganze Viertel hat mich längst durchschaut.
Sie schwingt ihre Hüften und das hat Format, ja sie hat diesen Gang, den nicht jede hat; da fahr´ ich Esel wirklich voll drauf ab!

Stadtgeflüster, ja wir sind hier bekannt. Bin ihr ihr Romeo-Typ, der hier täglich seine Zeit absteht.
Stadtgeflüster, das ich gern ignoriere, denn meine kleine Welt gehört schon so lange ihr.
Ich male ihren Schatten an meine Wand und halte dem Blick noch lange stand, so als wäre sie hier.

Die Nachbarn tuscheln wieder leise im Gang, doch ich werd´s ihnen zeigen - irgendwann - ja, dann spreche ich sie an!
Ich schenke ihr ein Wort, einen neuen Akkord, ein Gedicht ohne Inhalt, einen schweigenden Ort, eine Welt die entgleitet, ein Labyrinth - das ins Nichts zerrinnt.
Ich sehe sie gerade noch um die Ecke gehen und wieder lsst sie mich hier oben stehen. Ich halt´ das wirklich nicht für normal!


 

Musik/Text: Ralf Ewen  © 1990


      1:09

MC Entwarnung 1992 / Vierspur / 128 kbit


 

In gewisser Hinsicht mein vielleicht krautrockähnlichster Song: Ein Zwischenpart hier, Soli dort, Break und Stilwechsel. Helfen kann da keiner, erst recht nicht dem Held des Liedes. Aber wahrscheinlich hat er sich auch wieder das einzige Super-Model im Ort ausgesucht ...

                         

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